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Misgendern - Sehr geehrte Frau XX / Sehr geehrter Herr XY


Mensch, zusammengekauert, traurig
Misgendern - Wie geht es dir? Mir geht es nicht gut!

Na, wie geht es dir? Gut hoffe ich. Mir geht es heute morgen nicht so gut. Warum? Weil ich regelmässig mit misgendern zu kämpfen habe.


Misgendern bedeutet, dass Menschen mein Geschlecht falsch benennen, z.B. in der Anrede oder gar mit ihren Anreden mich unsichtbar machen. Ein Beispiel: «Sehr geehrter Herr Niggemann» klingt sehr höflich, oder? Aber ich identifiziere mich gar nicht als Herr (Mann). Oder: «Liebe Damen und Herren» in dieser Anredeform bin ich sogar gänzlich aussenvorgelassen worden. Verdammt höflich, oder?


He, Holger, mach jetzt doch nicht so ein Fass auf, könnte je Mensch sagen. Doch ich mache das Fass auf. Ich fühle mich von solchen Anreden weder ernstgenommen noch gewertschätzt. Aber den meisten Absender*innen von Mailings/Briefen mit «Sehr geehrter Herr» oder «Liebe Damen und Herren» schreibe ich erst mal ein Mailing zurück mit dem Hinweis auf meine korrekte Anrede und, dass ich weder Mann/Herr noch Frau/Dame bin. Manchmal sind meine Mails sehr freundlich. Manchmal aber auch nicht. Kommt ganz darauf an wie viele dieser mich kränkenden Mails schon bei mir am Tag eingegangen sind.

 

Alle Menschen, welche nicht cis und/oder heterosexuell sind, erleben tagtäglich Verletzungen in dem sie in der Sprache unsichtbar gemacht werden. Dies Herabsetzungen von trans, nonbinären, genderfluiden, agender und inter Personen führt zu erhöhtem Stress in dieser Personengruppe. Erhöhter Stress kann zu zu psychischen Erkrankungen führen. In der Gruppe der queeren Menschen ist die Suizidrate fünfmal höher als in der Gruppe der cis-heterosexuellen Menschen. Die Gruppe der trans, inter, nonbinären, genderfluiden und agender Personen hat sogar ein bis zu achtmal höheres Suizidrisiko.

 

Was ich von meinen Gegenüber dann erwarte? Einfach eine Entschuldigung. «Sorry, ich wollte Sie Holger Niggemann nicht verletzten und ich mache es beim nächsten Mal anderes.» Wow, da bricht sich kein Mensch einen Zacken aus der Krone – oder doch?


Die meisten Antworten auf meine Genderkorrektur sind leider unpassende. «Unser elektronisches System kann dies noch nicht.» «Wir verwenden Standartvorlagen …» bis hin, dass man mir mein Geschlecht absprechen will. Eine Entschuldigung ist selten dabei.


Doch wer sind denn diese Menschen bzw. was für Organisationen vertreten diese Menschen? Es sind Gesundheitsämter, Krankenkassen, Banken, Hochschulen, Transportgesellschaften, Soziale Einrichtungen und und und. Für all diese spielt was ich zwischen den Beinen habe keine Rolle - und zweitens wäre es eine Kleinigkeit in der IT das Geschlecht als Anrede weg zu lassen. «Guten Tag Holger Niggemann» oder «Liebe Interessierte» klingen doch sehr freundlich. - Oder?


Ich habe schon als kleines Kind gelernt, dass eine Entschuldigung vieles Gutmachen kann. «Entschuldigung, ich wollte dir nicht weh tun.» Und meine Geschwister und Freunde waren mit mir meistens wieder ein Herz und eine Seele.


Euer Holger


 

Das sozialwerk.LGBT+ für queeres Leben vertritt anwaltschaftlich (Fachausdruck Soziale Arbeit; Bedeutung: Sprachrohr/Verteidigt) die Interessen queerer Menschen. Zu diesen Interessen gehört auch, dass nicht-binäre Personen (Personen, welche sich nicht in die zweigeschlechtliche Welt einteilen lassen) sichtbar gemacht werden, diese fair behandelt und angesprochen werden.

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